Sdmauer
des Tempelbergs in Jerusalem droht
einzustrzen
Der
Tempelberg sorgt fr neue Schlagzeilen. Seit
einigen
Tagen schlagen israelische Archהologen, die
mit
einem eigens gebildeten Komitee fr den Schutz des
archהologischen Erbes der fr Juden und Muslime
heiligen
Stהtten auf dem Berg eintreten, Alarm: Die
Auenmauer
auf der Sdseite des Tempelbergs habe sich
in
letzter Zeit stark verformt, die entstandene
Ausbuchtung
kצnnte zum Einsturz der Mauer fhren und
unvorhersehbare
Schהden anrichten. Diese Verformung
ist
zwar kein neues Phהnomen. Mit der Zeit ist sie
aber
immer grצer
geworden und mittlerweile auch schon
mit
bloem Auge zu erkennen, was der israelischen
Presse,
die gestern Aufnahmen von dem gefהhrdeten
Mauerstck
verbreitete, einen Anla lieferte, die in
der
israelischen ײffentlichkeit als zצgerlich
empfundene
Politik der Regierung in bezug auf den
Tempelberg
wieder einmal zu kritisieren.
"Die
Sdmauer kצnnte jeden Tag einstrzen", warnte
gestern
die rechtsgerichtete israelische Zeitung
"Maariv".
Sie zitiert aus einem Brief, den das
"Komitee
zur Verhinderung der Zerstצrung der
archהologischen Schהtze des
Tempelbergs" an den
israelischen
Ministerprהsidenten Ariel Scharon und an
den
Oberbrgermeister Jerusalems, Ehud Olmert,
richtete.
Darin warnen Archהologen und Intellektuelle
vor
einer "archהologischen und historischen
Katastrophe",
die viele Menschenleben kosten kצnnte,
wenn
nicht sofort Schutzmanahmen ergriffen wrden.
Die
Sprecherin des Komitees, die Jerusalemer
Archהologin Eilat Mazar, gibt fr den jetzigen Zustand
der
Mauer sowohl der muslimischen Waqf-Behצrde, die
seit
mehreren Jahren unterirdische Bauarbeiten auf der
Sdseite
des Tempelbergareals durchfhrt, als auch der
israelischen
Regierung die Schuld. Das unkontrollierte
Entfernen,
so Mazar, von zwanzigtausend Tonnen
Bauschutt
aus dem Inneren des Berges habe zu
erheblichen
Problemen bei der Absorbierung von
Regenwasser
und letztlich zu der jetzigen
Mauerverformung
gefhrt. Auf frhere Warnungen des
Komitees
habe die israelische Regierung nicht
reagiert.
Besondere Gefahr sieht Mazar fr die
nהchsten Monate, in denen wהhrend
der Ramadan-Zeit
Abertausende
Pilger die unterirdischen Moscheen im
Bereich
der sogenannten "Stהlle Salomons"
besuchen
werden.
Die
vom Komitee geforderten sofortigen
Rettungsmanahmen
mצgen bautechnisch gerechtfertigt
sein,
aus politischer Sicht wהren sie jedoch הuerst
heikel.
Denn die Waqf-Behצrde, die seit Jahren keine
israelischen
Baukontrolleure in den unterirdischen
Moscheenkomplex
hineinlהt,
sieht bislang keinen
Handlungsbedarf.
Jede israelische Intervention wrde
in
diesem Zusammenhang als feindlicher Eingriff in den
palהstinensisch-islamischen Zustהndigkeitsbereich
gesehen,
Gewaltausbrche als Reaktion darauf wהren zu
erwarten.
Zumal den Waqf-Vertretern mittlerweile auch
jene
arabisch-israelischen Islamisten zur Seite
stehen,
die erst vor wenigen Tagen aus Anla einer
Massenkundgebung
auf dem Moscheenareal mit feurigen
Reden
die Israelis davor gewarnt haben, sich in die
Angelegenheiten
auf dem Tempelberg einzumischen.
JOSEPH
CROITORU
Frankfurter
Allgemeine Zeitung, 29.08.2002, Nr. 200 /
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